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Euro - Teuro?

Die neue Währung zwischen Lust und Frust

Ein europäischer Wind weht durch die Bar am Internationalen Studentenstammtisch in Frankfurt. Nicht nur, dass sich in der Getränkekasse ausländische Euromünzen zu jenen mit dem Bundesadler gesellen. Während in den Medien der ‚Teuro’ zum geflügelten Wort geworden ist, denkt man hier schon weit über die Grenzen in den Köpfen und zwischen den Nationen hinaus. „Ich komme aus einem Land, wo die jungen Leute davon träumen in Europa zu sein“, erklärt die kroatische Germanistik- und Slawistikstudentin Maja Matecak. „Der Euro ist gut für die europäische Gemeinschaft. Es tut mir leid, dass die Kroaten noch nicht dabei sind“, sagt sie.

Euro-Lust beim Internationalen Stammtisch: Viele der jungen Menschen sind dank eines Stipendiums der EU in Frankfurt eingeschrieben. Die Union ist für sie kein leerer Begriff mehr, der Euro ein Symbol für die Zusammengehörigkeit, die sie leben. „Wir wollen auch den Euro haben“ betont der schwedische BWL-Student Andreas Nilsson. Er hofft auf die nächste Volksabstimmung und dass sein Volk sich diesmal für die gemeinsame europäische Währung entscheidet. „Wir sind doch schon EU-Mitglied. Wenn man etwas zu sagen haben will, dann muss man doch mitmachen“, verdeutlicht er.

Euro-Frust in der Frankfurter Kleinmarkthalle: „Ich wäre lieber bei der Mark geblieben“, erklärt eine verärgerte Seniorin. Inzwischen müsse sie als bedürftige Rentnerin auf jeden Pfennig achten. Auch Händler winken genervt ab, wenn das Stichwort ‚Euro’ fällt. „Der Einkauf ist teurer geworden. Es sind wenige Anständige dabei, bei denen die Preise gleich geblieben sind“, meint der Verkäufer von Gewürz Franck über seine Zulieferer. Er selbst habe keine Preise erhöht, eher noch draufgelegt, beteuert er. Auch die Inhaberin des Blumenstandes Kilb ist ernüchtert über die neue Währung: „Es hat weder gestört noch etwas gebracht“, sagt sie. Am Anfang hätten die Leute mal geschimpft, obwohl die Preise gleich geblieben seien. Vorteile für den Import aus Holland habe der Euro nicht gebracht. Selbst die italienischen Wein- und Lebensmittelimporteure sehen keinen Gewinn im Wechsel von Lire zum Euro. Immerhin eine Kundin findet den das neue Geld gut: „Endlich kann ich im Urlaub die Preise vergleichen“, frohlockt sie.

Den Euro-Ärger mancher Zeitgenossen kann Dr. Klaus Löffler, Leiter des Berliner Infobüros des Europäischen Parlamentes, nicht verstehen. „Das Geld wurde von den Leuten sehr gut angenommen. Ich sehe nicht, dass jemand sagt: wir wollen die gute alte Mark wieder haben“, erklärt er kämpferisch. Er persönlich sei sogar überrascht, dass zum Beispiel die Schwierigkeiten mit Falschgeld viel geringer waren als erwartet. Einzelne „Abzocker“ hätten durch aufgerundete Preise dem Handel mehr geschadet als den Bürgern. „Einzelfälle“, wie Loeffler meint: „Objektiv gibt es aber kein Anzeichen für eine höhere Inflationsrate.“ Nur sie sei die entscheidende Ziffer für Gedeih oder Verderb der Währung.

Ob der Euro langfristig zu einem neuen Bewusstsein für ein gemeinsames Europa führt, das werde sich nach dem ersten Urlaub zeigen, prophezeit Löffler: „Dann macht es bestimmt ‚klick’ und die Deutschen merken: Wir sind inzwischen Europäer geworden.“

Fast ein halbes Jahr ist es nun her, dass an der Europäischen Zentralbank in Frankfurt das imposante blaue Eurozeichen erstmals aufleuchtete. Zur Champangner-Stimmung wie damals ist heute nur wenigen Deutschen zu Mute. Nicht so beim Internationalen Stammtisch: dort gehen die jungen Europäer ungezwungen mit der Euro-Teuro-Frage um – selbst wenn gerade sie mit jedem Cent haushalten müssen. Klar, auch Griechenland habe man die Menschen abzuzocken versucht, erklärt der Jurastudent Alexandros Kessopoulos: „Die Regierung hatte mit den Händlern eine Abmachung. Die Händler haben trotzdem aufgerundet. Manche geben nicht einmal das Rückgeld heraus“. Sein Kommilitone Jiannis Thanos sieht trotzdem viel Positives am neuen Geld: „Man fühlt sich mehr als Europäer. Und die Währung ist sicherer geworden.“ Der Tscheche Michal Matejicny, der European Studies betreibt, kritisiert fachmännisch die Nachteile der Währungsunion für die Finanzwirtschaft kleinerer Staaten. Dennoch: für sein Land sei der Euro ein Muss - und nach seiner Ansicht die Chance auf einen höheren Stellenwert Europas in der Weltpolitik: „Wenn nun US-Amerikaner nach Europa kommen, sehen sie: es gibt plötzlich eine gemeinsame Währung. Das ist schon ein starkes Symbol für Europa.“