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Brezeln für die Bravehearts

Im schottischen Edinburgh hat die erste deutsche Konditorei eröffnet. Konditormeister Burkert bringt deutsche Backtradition in ein Land, in dem künstliche Backzusätze und billige Massenware an der Tagesordnung sind. Nicht nur viele Deutsche lieben ihn dafür.

Sanft wiegen die knusprigbraunen Brezeln im schottischen Nordseewind. Im Schaufenster locken alte Kupferkessel, eine Riesenbrezel und schwarzrotgoldene Kissen die neugierigen Passanten in den kleinen Laden hinein. Hier bekommen die Schotten leuchtende Augen. “Es sieht hier so gut aus und die Brezeln sind sehr lecker”, schwärmt eine Edinburgher Kundin, die um die Ecke wohnt. Wie gebannt steht sie vor der Theke mit Erdbeerkuchen, Baumkuchen, Brot und natürlich den Brezeln – „Swabian Style“ zu einem Pfund Sterling. Hier, in dem schmucken Stadtteil Brunstfield, hat vor einigen Wochen eine deutsche Konditorei und Bäckerei eröffnet – die erste in der schottischen Hauptstadt.

„Deutsche Kunden kommen und sagen: Gottseidank, dass sie aufgemacht haben“, meint der schwäbelnde 35-jährige Konditormeister Falko Burkert. In Schottland leben rund 40.000 Deutsche, und bislang vermissten sie vor allem eines: „deutsches“ Brot. Denn hierzulande gibt es zwar „bread“, aber ein Deutscher würde diese eher als Toastbrot oder billige Massenware bezeichnen. Selbst für den Begriff Konditormeister gibt es ebenfalls keine richtige Übersetzung. „Hier hat man keine Ahnung vom Backen. Es gibt nur Zucker – und Fettbomben“, urteilt Burkert. Kein Wunder also, dass die Nachfahren der wilden Highlander und Bravehearts als die dicksten Menschen Europas gelten. Burkert hat diese Marktlücke erkannt. Er backt rund um die Uhr, rund 18 Stunden am Tag – montags bis samstags. Aber die Arbeit lohnt sich: „Die Leute rennen mir die Tür ein, weil ich richtiges deutsches Brot backen kann.“

Tagtäglich steht Konditormeister Burkert an der Rührmaschine und am Backofen. Das Mehl für seine Backwaren  kommt aus Deutschland. Die Qualität des hier erhältlichen Mehls ist einfach nicht gut genug für ihn, bedauert er. Für eine Tonne Mehl zahlt er deshalb alleine 300 Euro Transportkosten. Wert legt er auf gute Zutaten. „Alles, was aus Schottland an frischen Zutaten möglich ist, wie etwa Erdbeeren und Himbeeren, das verwende ich auch“, erklärt er. Burkerts Geheimnis: „Ich mache alles so traditionell wie möglich“. Backpulver versucht er zu vermeiden, gesalzene schottische Butter ist Tabu. Auf Bestellung backt Burkert glutenfreies Brot und Kuchen, fertigt laktosefreie Torten an. Die Schotten lieben die Leckerein aus Deutschland und Österreich: „Sachertorte – die Leute fahren voll darauf ab. Apfelstrudel – ich kann das Wort nicht mehr hören“, sagt Burkert. Eine Deutschlehrerin kaufte kürzlich bei ihm ein, um Kindern in der Schule den Begriff „Kaffee und Kuchen“ zu vermitteln. Renner sind aber die Brezeln, von denen er unter der Woche rund 100 Stück pro Tag, am Wochenende rund 400  an den Schotten bringt. „Letzte Woche waren sie um 11 Uhr schon ausverkauft“, schwärmt er.

Falko Burkerts Weg zum eigenen Geschäft war alles andere als einfach. Mehrfach musste er seine Ladeneröffnung verschieben. „Ich hatte Windmühlen zu bekämpfen“, sagt er. Einmal schlampte der Elektriker, ein anderes Mal gab es keine Lastwagen für den Ofen aus Solingen. Die Teigknetmaschine – sie fiel bei der Anlieferung hin. „Das Ding war total kaputt und das am Tag vor der geplanten Eröffnung“, erzählt er. Auch wenn Großbritannien wirtschaftlich floriert - hier laufen die Uhren eben anders als im Schwabenland. Handwerker und Transportunternehmen sind hier nicht ohne Grund gefürchtet. „In den letzten Monaten bin ich um zehn Jahre gealtert“, so das Fazit von Burkert. Dabei ist er kein Anfänger. In Mannheim geboren, machte er in Deutschland eine Konditorlehre. Er studierte Hauswirtschaftlehre in Dresden, wollte Berufsschullehrer werden, arbeitet aber dann doch wieder als Konditor. Als die wirtschaftliche Lage in Deutschland sich verschlechterte, und er seinen Job verlor, ging er nach Birmingham. Später zog er in das von ihm geliebte Schottland, arbeitete dort in Restaurants, Cafés und Patisserien. Später begann Burkert auf dem städtischen Bauernmarkt, wo er auch heute noch einen Stand betreibt, „deutsche“ Backwaren zu verkaufen. Damals buk er seine Sachen noch in der Wohnung.

„Ich wollte schon immer eine eigene Konditorei aufmachen“, erklärt Falko Burkert. Vor drei Jahren machte er in Stuttgart seinen Meister. Zusammen mit seinem schottischen Geschäftspartner Robert Linton eröffnete er schließlich das schmucke Geschäft. Rund 120 Jahre ist der Laden alt, in den sie die Konditorei mit antiken Möbeln im Kaffeehausstil einrichteten. Heute hat Falko Burkert sogar einen Lehrling – einen schottischen. „Ich versuche, ihn in Stuttgart eine Gesellenprüfung machen zu lassen.“ Burkert würde aber auch einen Deutschen ausbilden, betont er. Neben dem Lehrling arbeitet hier die 29-jährige Ina Klötzing als Verkäuferin. Durch einen Urlaub kam sie erstmals nach Schottland und blieb hier hängen. Immer wieder pilgern nun Landsleute, die bei ihr ein Stück Heimat häppchenweise erleben wollen, bei ihr vorbei. Etwa eine in Schottland lebende Frau aus Siegen: „Ich sehne mich schon zehn Jahre nach diesen Brezeln“, sagt diese verzückt.